
Ich hab's geschafft!!! Yeah Yeah Yeah!!! Ich hab tatsächlich Lissabon erreicht. Nach 93km doch sehr langen Kilometern, hab ich das erste große Ziel geschafft. Jetzt folgt Morgen noch die
Krönung und ich werde ans Cabo del Roca fahren, den westlichsten Punkt von Festland Europa.
Mega geil, das es echt einen Weg vom Bauwagen in Sola bis nach Lissabon gibt. Total verrückt und ein Moment des Sieges muss ich sagen. Welche Kämpfe hab ich gekämpft. Mit meinem Magen, mit meinem
Hintern und vor allem, was musste mein Kopf alles aushalten. Scheiß Wege, blöde Schlafplätze, einfach mit allen Kräften am Ende sein, Spanien verflucht und doch wunderschön. Heute fühle ich mich
als Held! Held für einen Tag!
Heute morgen muss ich sagen bin ich schon um 7:00 Uhr aufgewacht, bin aber nicht so im Schwung gewesen loszufahren. Da gingen mir mehr so Gedanken durch den Kopf, wie "Soll es wirklich heute zu
Ende gehen", " Was kommt danach". Total dumm muss ich sagen, aber Gedanken sind manchmal einfach da. So hab ich ein letztes mal mein Zelt gepackt und ich wusste, ich kann endlich am Abend in
einem Hotelzimmer schlafen und vor allem duschen!!! Nach 3 Tagen voller Hitze Schweiß und Dreck bitter nötig. Danach hab ich gefrühstückt. Toast mit Käse und Salami mit Tomate und Gurke. Dazu
noch O-Saft und Nüsse. Heute Morgen als ich aus dem Zelt geschaut hab war es total neblig! Voll verrückt. Den Tag davor kann ich mich vor lauter Hitze nicht retten und 150km weiter ist es neblig
und feucht. So feucht, dass sich auf meiner Brille beim fahren Tropfen gebildet haben. An meinen Armen war auch alles nass. Vielleicht ja nicht schlecht, damit ich wieder ein bisschen besser
rieche;). So hab ich mich langsam Tritt für Tritt in diesen Tag hinein gekämpft. Ab km 20 lief es dann auch. Da war ich dann warm und wieder bei der Sache. Langsam kam ich dem Meer immer näher.
Sanddünen haben sich schon links und rechts der Straße getürmt und ich bin immer weiter auf die Troia Halbinsel hinausgefahren. Und siehe da die Sonne kommt endlich hinter den Wolken hervor und
löst den Nebel auf. Genau als ich das erste mal den Ozean sehen konnte. Der Atlantik unglaublich, dass ich es bis zu einem Ozean geschafft hab. Da war ich echt beseelt von dieser Reise. Und bin
fröhlich weiter Richtung Fähre und Setubal geradelt. Das vorletzte mal auf dieser Reise Fähre fahren. So bin ich wieder auf das Festland nördlich übergesetzt und konnte die letzten 40km bis
Lissabon in Angriff nehmen. Mein Komoot hat mich natürlich wieder mal kurz hinter Setubal, ein wirklich schönes Städtchen, auf einen kaum fahrbaren Schotter, Stein was auch immer
SingleTrail Weg geschickt. Das hat mir aber gar nichts ausgemacht. Ich wusste, ich komme an, egal wie, egal wann. Zum Glück waren es nur 3 km über Stock und Stein, danach ging es zum finalen
Anstieg. Und der hatte es sowas von in sich, das war glaub ich der steilste Anstieg dieser Tour. 20% hat mir mein Wahoo angezeigt und ich musste den ganzen Anstieg im stehen fahren, weil so
steile Stücke nicht mit meinem Kettenblatt fahrbar sind. Da kann ich nur froh sein, dass es nicht zu lange war. Aber ich war sowas von froh, als ich oben war. Der letzte Anstieg einer Tour ist
immer was besonderes, aber dass es so knackig hoch geht, darauf hätte ich auch gerne verzichten können. So kam ich langsam in die Vororte von Lissabon. Ich muss sagen nicht schön! Überall
illegale Müllhalden die Häuser herunter gekommen und ganz viel Müll in den Straßen. Kein Ort um gerne zu verweilen. Auffällig waren die vielen Schwarzafrikaner, die oft die Mehrheit in den
Vierteln bildeten. Als ich so gefahren bin, dachte ich mir gerade, ob bei portugiesischen Fahrstil mehr Unfälle passieren, als wenn man spanischen Fahrstil anwendet. Das wäre doch mal eine
interessante Statistik und als ich den Gedanken fertig gedacht hab, wird 200m vor mir, ein Rollerfahrer von einem Auto mit dem Spiegel erwischt und fliegt auf die Fahrbahn. Ich glaub es ist
nichts passiert, außer ein paar Schrammen und viel kaputtes Blech. Zumindest ist der Rollerfahrer direkt wieder aufgestanden. Es sind ganz viele Leute herbeigeeilt und haben wild durcheinander
gesprochen und ich bin langsam an der Situation vorbei gerollt. Ich hab eh kein Wort verstanden und wäre nur blöd im weg gestanden. Ich glaub damit hat sich die Statistik erledigt. Zumindest
meine persönliche Unfallstatistik auf Spanien zu Portugal. Es steht 1:0 für Portugal und das bei 2 zu 12 Tagen in den Ländern.
So ging es langsam auf viel befahrenen Straßen bis zum Kai in Almada, wo die letzte Fähre nach Lissabon auf mich gewartet hat. Die Zufahrt in die Großstädte sind wie gewohnt echt schlecht und
hier in Lissabon gibt's auch kaum Fahrradwege. So quält man sich mit den Autos durch die Stadt. Auf der Fähre konnte ich Lissabon schon sehen. Es waren nur 2km. Da dachte ich mir. " Ist es
wirklich schon geschafft?" Ich hab nochmal meine Route gecheckt. 500 m noch und ich bin am Triumphbogen von Lissabon und am großen Tagesziel! Yeah! Ich hab es wirklich bis nach Lissabon
geschafft! Das war wirklich ein verdammt verdammt verdammt hartes Stück Arbeit! Ich hab mir das vor meiner Reise bedeutend einfacher vorgestellt, muss ich sagen. Aber was einen nicht umbringt,
macht einen noch stärker. Als ich auf dem Platz stand und ein paar Siegerfotos gemacht hab, hatte ich irgendwie ein komisches Gefühl. Ich hab mich ein bisschen verloren gefühlt unter so vielen
Menschen auf einmal zu sein. Jeder mit Handy oder Ohrstöpsel in seiner ganz eigenen Welt. Und ich selbst war auch für mich ein bisschen verloren. So hab ich beschlossen ich mach erst mal eine
Pause im Schatten. Und als ich so vor mich hinsinnierte, was auf dieser Reise alles passiert war, wann ich los bin etc... und meine Gedanken so kreisten, spricht mich nicht wirklich ein junges
deutsches Paar an. Jonas und Sina aus Erlangen. Haben gefragt wo ich herkomme und ob ich gerade angekommen bin. Da ist mir schon langsam klar geworden, da kennt sich jemand aus mit Radreisenden.
Wie cool. Es hat sich rausgestellt, sie haben schon viel krassere Sachen gemacht und sind bis nach Singapur mit dem Fahrrad gefahren. Total verrückt. Fahrradreisende unter sich sozusagen. Die
beiden haben mich auf ein Getränk eingeladen und wir hatten ein tolles Gespräch über ihre und meine Erlebnisse. Wirklich krass, wie immer wieder Wegengel auf meiner Reise auftauchen, wenn ich sie
scheinbar ganz dringend brauche. So ging es Stunden über Zelte, Schlafplätze, Hängematten, Essen und und und... Und weil wir uns so gut verstanden haben, sind wir anschließend noch schön lecker
indisch Essen gegangen. Wirklich ein Genuss muss ich sagen. Endlich wieder etwas leckeres warmes zu Essen. Sina und Jonas sind mit dem Auto hier im Urlaub und haben ihr Zelt dabei. Eine coole
Idee finde ich und sie sind zelten bestens gewohnt. Da bin ich ja noch ein Anfänger dagegen. Vor allem die Hängematte finden auch sie ist eines der besten Utensilien, auf einer Fahrradreise. Das
ist echt ein Game changer und war ein super Investment. Ich könnte jetzt noch 1000 weitere kleine Sachen erzählen von unserem Gespräch. Das ist aber alles fachsimpeln auf einem Niveau das jeden
langweilt. Die beiden haben mir noch gute Tipps für den Aufenthalt hier in Lissabon gegeben, damit ich mit Lena eine schöne Zeit verbringen werde.
So haben wir uns nach leckeren Essen verabschiedet und ich hab mich in Richtung meines Hotels gemacht. Gott Lissabon ist ganz schön hügelig, das hat mir im Werbeprospekt keiner so erzählt. So hab
ich mich nochmal 3 km durch die Stadt gequält und lieg jetzt hier endlich geduscht (ja und verdammt lang hab ich geduscht) und sauber in einem schönen bequemen Bett.
Morgen werde ich vom westlichsten Punkt Europas Grüßen! Vor allem das geile ist: "Morgen reiten wir endlich mal mit leichtem Gepäck!"
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Helmut Heckel (Montag, 21 August 2023 06:55)
Du bist wirklich ein Held
Stivi (Montag, 21 August 2023 08:28)
Vielen Dank Helmut. Für das Kompliment.
Irene und Dieter (Montag, 21 August 2023 11:07)
Wahnsinns Leistung!
Du kannst richtig stolz auf Dich sein - und wir freuen uns mit Dir.
Erholsame Tage mit Lena
Stivi (Montag, 21 August 2023 14:11)
Vielen Dank. Auf Erholung freu ich mich jetzt auch.
Thea (Montag, 21 August 2023 20:20)
Gratuliere - das ist wirklich unglaublich was dir da gelungen ist - hab jeden Tag deinen Bericht gelesen und immer nur gestaunt - wie macht er das - geniesse Lissabon - wir sehen uns bestimmt mal wieder in BW oder auf der Insel