
Heute feier ich meinen 36. Geburtstag. Alleine in Sevilla. Klingt echt komisch und ich bin wirklich von tiefen Herzen der Meinung mit Freunden und Familie ist das einfach besser! Für diese ganzen Mühen hab ich mir ein schönes Hotel mitten in der Innenstadt von Sevilla gegönnt und war gerade super lecker um die Ecke essen. Man gönnt sich ja sonst nichts. Und ich muss sagen "dieses" andere Leben ist deutlich attraktiver, muss ich gestehen. Als Vorspeise gab's Croquetas, Hauptgang Filet Mignon und zum Abschluss Bananen Schokokuchen. Sehr lecker wars und der Ort war echt cool. Direkt vor einer Kirche auf einem schönen Platz in der Altstadt. Zumindest das mit dem Essen hat gut geklappt, auch wenn ich heute alleine bin. Morgen gibt's noch lecker Frühstück und dann pack ich wieder meine sieben Sachen und ziehe weiter in Richtung Portugal. Und dieses Mal kann ich das wirklich sagen.
Vielen Dank für die unendlich vielen Glückwünsche und Durchhalteparolen. Ich freu mich wirklich tierisch über jede einzelne Nachricht und manchmal stehen mir auch die Tränen vor Freude in den Augen. Bei solch einer Tour bin ich viel emotionaler, als in meinem normalen Alltag. Manchmal hab ich das Gefühl, das mein Kern sich mehr zeigt ohne viele Schutzschichten und Ablenkungen, die das alles verhindern.
Da Lena ihren Geburtstag in einer Woche hat und ich bis dahin in Lissabon sein will. Musste ich die Tour über meinen Geburtstag legen und in den sauren Apfel beißen, erst Fahrradfahren und dann alleine feiern. Aber alles gut. Auf den ganzen digitalen Wegen über die mich die Glückwünsche erreicht haben, konnte das Ganze schon ein wenig aufgewogen werden. An dieser Stelle möchte ich ein Loblied auf die Familie singen. Familie ist das Rückgrat unserer Gesellschaft und unheimlich wichtig für uns als soziale Wesen. Uns wird zwar die ganze Zeit erzählt, dass der Staat alles besser kann, aber darauf würde ich keinen Pfifferling geben. Familie ist das Notfangnetz im Leben. Sowas wie die letzte Bastion, die niemals fallen solltee. Oft ist sie nervig und manchmal auch im Weg, wenn man sie gerade nicht braucht. Eltern, Geschwister, Kinder, alle können einen ganz schön auf den Geist gehen. Aber im Notfall sind sie dann auch die helfende Hand und der Rückzugsort, wenn alles im Leben schief geht. Dadurch kann man eben auch einen Seiltanz im Leben ausprobieren und sich vieles trauen, man weis, wenn alles schief geht, gibt es ein Netz das einen auffängt.
Vielen Dank liebe Familie und Freunde, dass ich solche verrückten Sachen machen kann und trotzdem im Hintergrund alles funktioniert.
An solchen Tagen wird mir das erst besonders bewusst, wie viel Stabilität, Sicherheit und Selbstbewusstsein das System Familie in mein Leben bringt.
Nun aber zu meinem Fahrradtag. Ich hab mir heute Nacht fast den Arsch abgefroren! Total verrückt am Tag hat es 41°C und Nachts waren es vielleicht 12°C und immer eine leichte Brise die durch die Hängematte ging. Ich natürlich nur mit kurzer Hose, T-shirt und meinen Schlafsack bewaffnet, bin ich in die Matte gesprungen. So musste ich Mitten in der Nacht nochmal wirklich aufstehen und lange Klamotten überziehen und Strümpfe anziehen, weil ich so gefroren habe. Nicht mal zusammenkauern hat irgendwas bessern können. Ja ich hab sowas mal in Erkunde gelernt. Das Wetter am Meer und im Landesinneren ist anders. Ja und ich hab mir es einfach nicht vorstellen können, dass es so krass abkühlt. So hatte ich heute morgen Kalte Getränke und kaltes Essen. Kommt ja aktuell auch nicht immer vor. Schon verrückt. Sobald die Sonne rauskam ging's aber dann richtig ab. Alle 20 min hat man gesehen wie es ein Grad wärmer wurde. Als ich in Sevilla ankam waren es 41°C gewesen.
Am Morgen musste ich einige Berge überwinden. Eher so Mittelgebirgslandschaft würde ich das beschreiben. Rauf und runter ging's die ersten 30km, so damit ich dort schon 600 Höhenmeter in den Beinen hatte. Da wusste ich aber, dass nach der Quälerei es besser werden würde. Und das tat es. Nach dem ich bei morgendlicher Frische die Berge hinter mich gebracht hatte, ging's in eine riesige Talebene. So weit das Auge reicht nur Olivenbäume oder abgeerntete Weizenfelder. Ich bin heute glaube ich 10km wirklich kerzengerade gefahren. Ohne Kurve nichts. Nur das flimmern des Asphalts und der ganzen Umgebung. Ohne Schatten von Bäumen. Einfach mitten durchs Land. Irgendwie, nicht wirklich spannend. Ich war dabei viel in Gedanken und manchmal hab ich mir schon Sorgen gemacht, ob es nicht schon Dellerium ist. Mein Kopf war irgendwie nicht so wirklich auf der Straße, sondern bei allen anderen Themen. Ich vermute aber es war einfach zu langweilig. Ich hab nichts gesehen und es war warm. Mehr nicht. Ich glaub mein Kopf hat sich eine Beschäftigung gesucht. Damit er da draußen nicht eingeht. Sitzen konnte ich heute ums verrecken nicht. Das erste mal auf der Tour das mir das passiert ist. Die linke Arschbacke tut weh wie sau. Und diese Hitze, das Schwitzen, die schwarze Radlerhose und der schwarze Sattel machen es nicht besser. Ich hoffe das wird morgen wieder besser. Vor allem die Berge sind schlimm, weil ich dort viel mehr Gewicht auf den Hintern bringe. Und es geht ja munter bergauf bergab weiter. Zur Feier des Tages war heute nach 130km Schluss. Erkenntnis des Tages, die wieder mal einiges über das Leben lehrt. Ich freu mich über eine nagelneue Nebenstraße und denke mir, " die hab ich zum Geburtstag geschenkt bekommen!" Die geht bestimmt ewig! Die Straße ging sicher 7km nur nicht in meine Richtung. Ich musste nach 500m auf einen scheiß Schotterweg abbiegen und mein Rad wieder mal einen Hügel hochschieben. So eine Scheiße. Aber da steckt man nicht drin. Sowas nervt zwar aber ich kann's nicht ändern. Nach dem Hügel gings genauso beschissen wieder bergab und meinen Handgelenke schmerzen heute von den ganzen scheiß wegen. So lernt man manchmal " lschaut's nach mehr aus, als für einen drin ist" und trotzdem wird weiter gemacht.
20km vor dem Ziel hat ich noch so einen Schotterweg erwischt. Schön am Fluss bzw. Tümpel entlang und echt nett angelegt. Bisschen Schatten paar Bänke und das über 10 km, nur der Schotterweg zum kotzen. Da ist jeder Feldweg bei uns daheim besser. Total ausgewaschen manchmal über Stock und Stein. Da ging's im Bankett besser fahren als auf dem Weg. Liebe spanische Verantwortliche, ich glaub im Leben nicht, dass ihr diese Wege mit normalen Fahrrädern nutzt. Aber zumindest ist es nicht der Sinn wenn man 4m breite Fahrrsdwege baut, am Ende die Fahrräder im Bankett auf 20cm fahren zu lassen. Zum laufen sind die Wege vielleicht noch okay. Wenn man um die Schlaglöcher Rum läuft, aber mit dem Rad keine Chance. Da wirft es einen durch Sonn und Mond.
Leider ist meine Vermutung, wie das auch hier bei jeder 2. Straße ist. Alles wird aus EU Mitteln gebaut und keiner hat sich jemals Gedanken gemacht, wie man das Ganze erhalten soll. Vor allem wo das Geld dafür herkommen soll. So kommt mir das vor. Einmal gemacht alles Tip top und dann verfällt es halt vor sich hin. Ob das der Weisheits letzter Schluss ist, bezweifel ich stark. Aber nun genug aufgeregt. Ich bin in Sevilla. Wer hätte das gedacht. Der Mann am Check in wollte auch nicht glauben das ich mit dem Fahrrad da bin. Jetzt sind es noch ein bisschen über 500km, bis ich alles geschafft hab. Ich freu mich soweit zu sein und kann mich gar nicht mehr so recht erinnern, was in den letzten drei Wochen alles passiert ist. Das verschwimmt total zu einer Masse und ich bin froh diesen Blog zu haben, damit ich alles wieder sortiert bekomme. Weiter geht's morgen gen Westen und hoffentlich Portugal. So geht ein anstrengender erfolgreicher und doch genüsslicher Tag mit ein bisschen Herzschmerz zu Ende.
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Natalja Roth (Freitag, 18 August 2023 07:19)
Hallo Stefan, alles Gute nachträglich zum Geburtstag! Weiterhin gute Fahrt nach Portugal! Hammer Leistung!
Stivi (Freitag, 18 August 2023 07:26)
Vielen lieben Dank.