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Tag 7: Ab nach Portugal: Tournon-sur-Rhone - Chateauneuf-du-Pape

Atomkraftwerk Meyesse
Atomkraftwerk Meyesse

Es hat nicht ganz gereicht für Avignon. Ich muss sagen das Ziel war auch hoch gesteckt. Es war gut um neue Rekorde für meine Tageetappen zu erreichen. Bis Avignon wären es über 190km gewesen. Dafür hätte ich heute optimale Bedingungen und eine gute Fitness gebraucht. Ich glaub die Fitness war da, nur die Bedingungen mit brütend heißer Hitze und brutalen Gegenwind über den ganzen Tag, haben ganz schön die Lebensgeister aus mir rausgesaugt. Dafür hat es für 172km gereicht und dafür waren alle Kräfte meines Geistes und Körpers notwendig. 

Eigentlich hab ich mich auf einen leichten Tag eingestellt, ich musste mich aber nachdem ich angekommen bin, erst mal für eine Viertel Stunde auf eine Bank setzen, um wieder zu Kräften zu kommen. Mittlerweile steht mein Zelt , ich bin geduscht und sitz im Restaurant vom Campingplatz in Chateauneuf-du-Pape.

Der Tag hat eigentlich sowas von Bombe gestartet. Ich bin schon um 7:30 Uhr auf dem Rad gewesen und konnte schön die kühlen und windstillen Stunden ausnutzen. Wie aus dem Film gemalt. Ein paar Angler ein paar Jogger traumhaftes Wetter und ich. Bei km 25 in Valance hab ich im Park Halt gemacht, für mein wohlverdientes Frühstück. Nach nur einem Bissen von meinem Sandwich, kam auch schon ein Hund auf mich zugelaufen, der nur zu gerne etwas davon abhalten wollte. So bin ich mit dem Besitzer des Hundes Namens "Vince" ins Gespräch gekommen. Vince sprach super Englisch, weil er schon einige Jahre in London gearbeitet hat. Es entstand ein schönes Gespräch über Frankreich und Franzosen , Deutschland und Deutsche und über das Reisen. Er besitzt einen Klamottenladen in Valence und ist 27 Jahre alt. 

Er meinte der typische Franzose ist egoistisch und schaut mehr auf sich als auf die anderen und er mag keine anderen Sprachen sprechen :). Das hab ich mittlerweile gemerkt. Aber es ist so wie in Deutschland auch. Die Älteren Semester haben das nie in der Schule gehabt und dadurch eine gewisse Scheu die Sprache zu nutzen. Wir Deutschen sind halt auch 80 Mio und die Franzosen 60 Mio plus noch andere Länder die die beiden Sprachen sprechen. Dadurch gibt's jedes Produkt, jeden Film, und alles andere auch einfach in deutsch und französisch. Für Schweden oder Holland sieht das anders aus. Bei 10 Mio. Menschen müssen sich diese Länder viel öfter mit Englisch oder anderen Sprachen auseinander setzen. So viel zu meiner Theorie. 

Er meinte auch das junge Franzosen die Sprachen in der Schule nicht gut lernen und viel schlechter sind als Deutsche Schüler. Davon hab ich aber keine Ahnung.

Dann hat er mir erklärt das Montelimar die windigste Stadt in Frankreich ist.

Na toll und ich fahr in 60km da durch. Ich der Freund des Windes, fährt durch die windigste Stadt Frankreichs und hat nicht mal ne Ahnung, das es so ist. Aber ich hab es auf jeden Fall gemerkt. Der Wind wurde heute immer schlimmer je später es wurde. Dazu keine einzige Wolke und es wurde echt warm. Man hat die Hitze vom Asphalt wirklich gespürt und jeder war froh um ein bisschen Schatten.

Aber was uns nicht umbringt macht uns nur noch härter. Vince meinte noch das Avignon und Perpignon sehr schön sein sollen. Vor lauter Unterhaltung bin ich gar nicht zum richtig Frühstück gekommen und hab 30km später nochmal anhalten müssen. Von Vince und seinem Hund ,  hab ich mich verabschiedet und es war sehr schön mal mit einem Franzosen Kontakt zu haben.

Insgesamt war ich heute super in der Zeit sehr früh hab ich die 100km Marke geknackt, aber danach war ein bisschen die Luft raus. Als ich bei 110km kurz mal meine Flaschen ausgetrunken habe und meine aufgeschnallte Zusatz Flasche nutzen wollte, war sie weg. Na toll. Durst wie Sau , nichts zu trinken und 13km kommt kein Laden. Also meine größte Sorge bei diesem Wetter, ist war geworden. Ich hab kein Wasser mehr! Wenn das passiert drehen sich meine Gedanken wirklich nur noch darum. Was sind schon 13km das hält man eigentlich locker aus. Aber vielleicht haben mich die anderen Touren mit wenig Versorgung hier schon geprägt. 

Also ran an den nächsten Supermarkt und alles gekauft, auf das ich Bock hatte. Minimum die Hälfte hab ich sofort getrunken. Wie geil sind kalte Getränke einfach nur Hammer! Dazu noch ein Eis! Dabei hab ich noch deutsche Urlauber getroffen aus Tübingen, die wegen dem schlechten deutschen Wetter mit ihrem Camper nach Frankreich geflüchtet sind. Eigentlich wollten sie in Deutschland im Sommer Urlaub machen. War ein nettes Gespräch, als ich erzählte wo es hingeht und wo ich her komme. Staunten sie nicht schlecht. Langsam glauben es einem die Leute, das man es ernst meint. Danach ging es auch noch ein wenig weiter, aber so richtig war die Luft bei km 130 raus. Ich hab nochmal was gegessen, aber der Wind und die Sonne haben mich echt leer gesaugt und ich hab nur noch den Campingplatz auf dem ich jetzt bin herbei gesehnt. Sitzen konnte ich auch nicht mehr. Der Kopf war platt der Körper auch , so hab ich mich dann vorwärts immer gegen den Wind gekämpft. 10 km vor dem Ziel hab ich dann Google Maps zum navigieren benutzt. Weil ich dann immer das Handy in der Hand halten müsste, halt ich dann lieber öfter an und schau drauf. Und so ein scheiß, diesmal schau ich zu spät drauf und hab die Abzweigung um 3km verpasst.Auf meine letzten 7km noch mal 7km obendrauf bekommen, weil ich in meinem Zustand nicht mehr schätzen konnte wie weit ich eigentlich schon bin. Also zum Abschluss noch mal 7 km . Na toll! Und zur Feier des Tages schickt mit Google Maps 2 km vor dem Ziel noch über Stock und Stein einen Weg der ausgesehen hat wie ein Flussbett und eigentlich nur für Traktoren gemacht war. So einen scheiß auch noch. Da verzweifelt man schon. Aber durchhalten, aushalten, maulhalten und weitermachen. Nur wer durchzieht kann gewinnen!

Morgen werde ich erst mal schauen wie ich mich regneriert habe und beschließen wie weit ich fahre. Vielleicht gibt's ja morgen schon ein Bild vom Meer.

Zum Schluss möchte ich noch ein Thema erzählen, was in Deutschland heiß diskutiert wird. Ich bin alleine heute an 3 Atomkraftwerken vorbeigekommen. Das ganze Rhone Tal ist für die Energienutzung optimiert. Überall Laufwasserkraftwerke mit Staustufen dann noch Atomkraftwerke die das Wasser für die Kühlung nutzen und lustigerweise haben die Atomkraftwerke zwischen ihren Kühltürmen noch Windräder damit man den Düseneffekt besser nutzen kann. Auf den Parkplätzen waren noch PV Anlagen als Sonnenschutz verbaut. 

Insgesamt kommt mir Wind und PV wie eine lustige Spielerei vor im Gegensatz zu dem Atommeilern, wenn man mal die Energieverhältnisse anschaut.

Was mir dabei durch den Kopf geht ist folgendet. Frankreich hat in ihrer windigsten Stadt des Landes 6 kleine Windräder stehen. Kein Dach in Südfrankreich hat PV, obwohl hier öfter die Sonne scheint als bei uns.

Warum ist das so? 

Wenn unser wichtigster Verbündeter, eine komplett andere Strategie entwickelt, muss es doch auch einen Grund dafür geben. Sind Franzosen schlauer oder dümmer, als wir?

Warum setzen sie nicht auf Windkraft in der windigsten Gegend des Landes? 

Können sie ihren Atommüll entsorgen? Wie gehen sie damit um, bei einer so großen Zahl an Atommeilern? 

Dies soll keine politische Diskussion eröffnen. Es sind nur viele Gedanken ohne Wertung und was besser oder schlechter ist. Einfach nur eine Beobachtung eines durchziehend Vagabunden.



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Kommentare: 3
  • #1

    Thea (Mittwoch, 02 August 2023 21:22)

    Servus, toll deine Berichte, mein Abendprogramm in der TV Werbepause - Tagesbericht lesen - weiter so - du hast wenigstens besseres Wetter als wir - gute Weiterfahrt

  • #2

    Andre (Donnerstag, 03 August 2023 06:36)

    Hey Stefan, interessante Berichte und schöne Bilder! Viel Spaß noch, dass Du das durchziehst, da habe ich keine Zweifel dran. �

  • #3

    Helmut Heckel Sauhund (Donnerstag, 03 August 2023 15:41)

    Deine Leistung ist schon enorm.
    Ich frage mich wie man nach den strapazeneines jeden Tages noch so einen deutschen langen und fehlerlosen Bericht zusammenbringt.
    Weiterhin viel Kraft und Energie du "Sauhund"
    LG Helmut �