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Tag 18: Kesan - Canakkale

Meer bei Canakkale
Meer bei Canakkale

Fangen wir heute mit den guten Sachen zuerst an ;). Ich bin über die Fähre auf den asiatischen Teil der Türkei gelangt. Ich hatte tollen Rückenwind. Am Ende des Tages gab es kurz Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke. Am Ende bin ich heute  131km gefahren, was eigentlich ein bisschen wenig ist, aber vielleicht tut das gut und bringt mich wieder zu Kräften für die nächsten Tage.

Ich hab mir heute nochmal ein Hotelzimmer genommen in Güzelyali bei Canakkale. Wenn das Wetter morgen mitspielt, beginne ich wieder zu zelten. Es wird wieder wärmer und am Ende des Tages hatte es 15°C. Heute Nacht soll es wieder mal regnen.

Regen ist das Stichwort. Heute morgen den Vorhang zur Seite gezogen und ich hab wieder nur Wolken am Himmel gesehen. In der Nacht hat es wieder geregnet.

Diesmal bin ich besser aus dem Bett gekommen, und hab echt lecker türkisch gefrühstückt, mit Aufstrichen und Gemüse, so viel bis ich nicht mehr konnte. Man braucht ja Power für den Tag. In mir sträubt sich an solchen Tagen immer etwas. Am liebsten würde ich an solchen Tagen nicht fahren. Ich bin eindeutig extrem wetterfühlig. Am Fahrrad noch viel mehr, als wenn ich zu Hause bin.

Aber es hilft ja alles nichts. Wir wollen ja auch irgendwann ankommen. Also alles gepackt und ab aufs Rad. Ich musste heute eigentlich nicht mehr anhalten, weil ich genug essen und trinken dabei hatte.

Rauf auf die Autobahn. Erstes Schild entdeckt, 120km bis Canakkale. Na toll ich werde heute nicht viel anderes, als die Autobahn zu Gesicht bekommen. 

Die erste Stunde bin ich heute gefahren, ohne dass mein Kopf auf dem Fahrrad dabei war. Ganz komisch, ich war total abwesend, soweit dass ich kurz mal überlegen musste, in welchem Land ich eigentlich, bin. Vielleicht sollte mir das zu denken geben.

Nachdem 30km rum waren , hatte sich das Wetter weiter verschlechtert und ich musste auf Regenkleidung umsteigen. Es hat so richtig schön Nieselregen gegeben. Und das ging den ganzen Tag hin und her. Mal Regen ,dann kein Regen , dann wieder Regen. 

Und dann!!! Kam ich ans Meer!!! Ich bin von Sola bis ans Mittelmeer gefahren. Wieder mal! Da ist die Stimmung trotz Regen schon kurz gestiegen.

Bei Kilometer 50km hab ich mir nen Platten gefahren und die Stimmung war am Boden. Da gingen die Alarmsignale an, und ich war auch endlich in diesem Tag angekommen. Aus einfach nur die Autobahn entlang fahren wurde nichts.

Diesmal hinten, vorne hat alles gehalten. Also alles abladen, reifen ausbauen, alten Schlauch raus, schauen ob man sich was eingefahren hat und dann neuen Schlauch rein. Gut das ich den Schlauch aus dem ersten Platten wieder geflickt hab. Dann alles wieder aufpumpen und aufladen und weiter geht's. Denkste 30 min. später ist der hintere Reifen wieder platt. 

Ich dachte noch, da haben deine Reifenflick-Künste aber ganz schön versagt. Also das ganze Spiel nochmal. Zum Glück hatte es zum regnen aufgehört. Als ich beim check, ob ich mir was eingefahren hab war, bin ich zufällig wirklich auf was gestoßen, so war es klar, dass es nicht an meinen Flick-Künsten lag. Ich hab mir einen kleinen Draht, vielleicht 5mm lang genau in die Lauffläche eingefahren. Von aussen nicht zu sehen und von innen grade so zu ertasten.

Ich glaub ich hab 20min. rum probiert das scheiß Ding aus meinem Mantel zu bekommen. Natürlich hab ich auch keine Zange dabei, jetzt wo ich sie einmal mitten auf der Autobahn in der Türkei bräuchte.

Gott war ich froh als der Draht draußen war. Ich hatte noch einen Schlauch dabei, der ist zwar schon einmal bis ans Nordkap gerollt, aber wer weis wie lang der hält. Also alles doppelt und dreifach gecheckt, damit auch ja alles sitzt und zum Himmel gebetet, dass jetzt alles hält. 50km noch bis zur Fähre, und in Canakkale hab ich auch schon einen Radladen ausgemacht. 

Ich sag's euch, geil fährt sich das nicht. Man sitzt ein bisschen auf heißen Kohlen. Immer wieder schaut man auf die Reifen, ob noch Luft drin ist. Sobald irgendein ein Stein scheppert, hofft man nur, dass nichts kaputt geht. Und obendrein ist mir aufgefallen, dass mein Mantel im Hinterreifen auch noch nen kleinen Riss hat. Diese 2 Std. waren in meinem Kopf, dann nur noch von dem Thema Reifen dominiert.

Eigentlich total dumm, denn wie hoch ist, die Wahrscheinlichkeit, dass ich mir nochmal einen Platten fahre, wo ich das Problem ja gefunden hatte. Im Notfall hab ich ja auch noch Flickzeug dabei. Aber in meiner Realität, war hier an meinem Sicherheitsbedürfnis genagt worden. Es war der letzte Schlauch aufgezogen, der nicht kaputt war und ich hab normalerweise immer einen als Ersatz. In solchen Situationen muss man sich selbst vertrauen, dass man die Probleme gelöst bekommt und alles unter Kontrolle ist.

Als ich endlich bei der Fähre war und direkt mit rüber konnte, hab ich mich langsam wieder beruhigt. Aber ein Stein vom Herzen viel mir erst, als ich aus dem Fahrrad laden kam, und 2 neue Schläuche und einen Mantel in der Hand hielt.

Man will ja kurz vor dem Ziel nicht scheitern müssen! Jetzt Flick ich die kaputten Schläuche. Und dann muss es reichen bis zum Ende.

Canakkale hab ich als sehr angenehme Großstadt wahrgenommen. Der Verkehr war türkisch aber rücksichtsvoll und die Gassen und Läden haben wirklich sehr schön ausgesehen. Auch die Häuser waren gepflegt, und es war natürlich viel los. Hier könnte ich es glaub ich auch aushalten. Zum Abschluss des Tages ließ sich auch noch die Sonne hinter den Wolken erahnen. Wenn das passiert, ist es magisch. Man wartet Tage und schimpft und kämpft und dann kommt die Sonne raus und es ist einfach nur haaa.... Wie wenn man ganz tief einatmet und beim ausatmen einem eine Last von den Schultern fällt.

Ich bin dann noch 15km aus Canakkale raus gefahren und hab mir ein Hotel gesucht. Langsam mach ich meinen Frieden mit der Türkei und es kann auf jeden Fall noch werden. Die Menschen sind super zuvorkommend und wirklich hilfsbereit. Viele Hupen und winken mir zu und alles wirkt sehr entspannt, offen und freundlich. 

Wir werden sehen was weiter passiert.


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Kommentare: 3
  • #1

    Susanne (Sonntag, 10 Oktober 2021 07:41)

    Weiter so, Stefan. Hier scheint die Sonne ☀️

  • #2

    Die Binners (Sonntag, 10 Oktober 2021 10:07)

    Hallo Stefan - eine für uns unvorstellbare Leistung!!
    Weiterhin viel Kraft und Bewahrung bis ans Ziel.
    Herzliche Kirchweihgrüße�
    Sei behütet ��‍♂️

  • #3

    Stivi (Sonntag, 10 Oktober 2021 21:57)

    Vielen Dank! Uch werde mein bestes geben.