· 

Tag 16: Karlovo - Swilengrad (Bulgarien)

Im Dreiländer-Eck
Im Dreiländer-Eck

Ich musste mich grade erst mal wieder sammeln und zu Kräften kommen.

Yeah verdammt nochmal. Yeah! Ich bin heute 186km weit gefahren. So weit bin ich glaub ich noch nie mit Gepäck gefahren. Heut darf ich mich wieder für 5min als Held fühlen. Bis es dann Morgen wieder weiter geht.

Wie ist es aber zu so einer Monsterdistanz gekommen? Also zurück zum Anfang.

Heute morgen bin ich schon vor dem Wecker wach gewesen und hab mich gut erholt gefühlt! Obwohl die gestrige Tour, es ganz schön in sich hatte. Die Sachen waren schnell gepackt 

, und dann noch 2 Wasserflaschen für den Tag gekauft und abgings. Kurz vor 8 Uhr saß ich schon auf dem Rad und hab ordentlich getreten, mit dem Wissen, dass es eigentlich ne einfach Route wird. Immer auf der Bundesstraße entlang bis Stara Zaroga und danach einmal abbiegen und das war's für Heute. Das hätte man auch ohne Navi hinbekommen. Noch 2 kleine Hügel meistern und ansonsten ging's bergab oder auf flacher Ebene dahin. 

Nach 20km mach ich typsicherweise meine Frühstückpause, wie heute auch. Dabei pass ich auch nicht mehr auf , was ich nacheinander esse, sondern einfach drauf los. 3 Snickers, dann Käsebrote, Gurke, Gummibärchen und zum Abschluss nochmal 3 Snickers. 

Irgendwie hats mir danach 3 Stunden im Bauch gegrummelt. Komisch, denn eigentlich vertrage ich das sonst auch. Hab mir schon Gedanken gemacht, damit ich mir irgendwas eingefangen habe. Naja Nachmittags war alles wieder gut und Schokolade und Twix gingen ohne Probleme wieder in den Bauch.

Ich hatte heute super guten Asphalt manchmal neu, ansonsten bin ich gut gerollt und den ganzen Nachmittag leichten Rückenwind. Also nicht 100% , der Wind kam aus Nord Ost und ich bin Richtung Süden gefahren, aber hey, er kam mir mal nicht entgegen. Am Morgen ging es viel bergab so dass ich insgesamt super unterwegs war. Um 13 Uhr hatte ich schon 100km durch, um 16 Uhr war ich schon an meinem geplanten Ort in Harmanli. 

Dort hab ich kurz Pause gemacht und überlegt was noch geht. Die Beine haben sich super angefühlt, der Wind war noch da, also schnell ein neues Ziel auf der Route ausgesucht. 35km entfernt liegt Swilengrad und ich weis, dass es um 18:30 Uhr dunkel wird. Noch schnell ein Hotel gebucht. Heute 4 Sterne (kostete das gleiche wie jede andere Unterkunft), damit ich auch einen Ansporn hab durchzuziehen. Also hab ich auf den letzten 1,5- 2 Std. nochmal alles rausgehauen was in den Beinen war. Und bin wirklich relativ gut im Hotel angekommen. Erst als ich im Zimmer war, viel ich ins Bett und konnte mich 30min. nicht mehr bewegen, bis ich wieder Kraft hatte. Unterm fahren hab ich gar nicht gemerkt wie anstrengend es war.

Ansonsten gab's heute echt nichts zu sehen. Das Wetter war echt schlecht. Total bewölkt oder Nieselregen und 13°C maximal. Bin den ganzen Tag mit langer Kleidung gefahren. 

Nachdem ich das Tal der Rosen um Karlovo verlassen hab, (Rosen hab ich keine einzige gesehen) wurde das vom Balkan Gebirge eingerahmte Tal immer weiter und weiter bis alles in einer riesen großen Ebene mit unendlichen Feldern geendet hat. 

Mir ist aufgefallen, um so weiter südlicher ich kam, umso schlechter wurde die Gegend wieder. Fast nur noch Landwirtschaft und so Nichts.

Ich hab mich gefragt, ob man den Reichtum der Gegend anhand der Pferdekutschen festmachen kann. Umso mehr Pferdekutschen, umso ärmer die Gegend. Heute hab ich 6 Stück am Ende kurz hintereinander getroffen. So viele hab ich noch nie gezählt. 

Zusätzlich hab ich ein neues totes Tiere entdeckt. Es gibt hier auch Dachse. Zumindest gab es einen, der jetzt aber tot am Straßenrand liegt. Sonst nur das übliche, Hunde, Katzen und Vögel. An dieses Scharmützel jeden Tag, muss man sich erst mal gewöhnen, weil wegräumen tut hier niemand etwas am Straßenrand. Wenn dann wird es so lange platt gefahren, bis man nicht mal mehr erkennen kann, was es ist.

In den letzten Tagen hab ich viel darüber nachgedacht, wie eine EU damals und heute zusammen gebaut wurde und konnte mir einfach keinen Reim darauf machen. Ich will hier auch nicht politisieren, sondern einfach meinen Eindruck schildern. 

Die Länder in Nord und Mitteleuropa, die ich besucht habe, hatten alle einen ähnlichen Entwicklungsstand. Da macht es ja Sinn sich zusammen zu tun und ähnlich Fragen eventuell gemeinsam zu lösen. Dadurch kann man Synergien heben und besser handeln etc. 

Macht absolut Sinn.

Aber wie passen in solch ein Konstrukt Rumänien und Bulgarien. Nichts gegen diese Länder. 

Aber wenn man sich nen deutschen EU Abgeordneten vorstellt, der sich mit seinem bulgarischen Kollegen unterhält, da prallen einfach nur Welten aufeinander. Da hat jeder total unterschiedliche Probleme zu lösen und ich frag mich, wo hier der Sinn besteht, etwas das total unterschiedlich ist zusammen zu spannen.

Der Deutsche Abgeordnete versucht die Welt mit erneuerbaren Energien zu retten und der andere ist froh wenn seine Leute überhaupt Strom haben. Wir bauen in Sola ein Überlaufbecken und eine neue Kläranlage, aus EU Vorschriften und in Bulgarien und Rumänien hat nicht mal jedes Haus fließend Wasser geschweige denn gibt es eine Kanalisation.

Fragen über Fragen...

Und meine Vermutung ist, es geht wie immer um die Kohle. Investoren kaufen die Landflächen Rumäniens und Bulgariens zusammen und dafür bekommt Bulgarien und Rumänien Geld aus den EU Töpfen, damit Straßen und Wasserleitungen und Abwasserleitungen gebaut werden. Zusätzlich bekommen wir Deutsche noch günstige Arbeiter für Arbeiten, die wir Deutsche nicht mehr machen wollen, weil sie zu schlecht bezahlt sind. 

Irgendwie ist das mein Gedankenkonstrukt, dass ich mir hier, beim übern Tellerrand schauen, zusammen gebaut habe. Das kann totaler Bockmist sein oder auch nicht...

Es ist ja wirklich schön, dass es in diesen Ländern voran geht und man auch merkt, dass sich hier etwas entwickelt. Aber wir Nord- und Mitteleuropäer machen das sicher nicht aus reiner Nächstenliebe.

Jetzt aber wieder genug zu dem Thema.


Ich bin jetzt nur noch 3 km von der griechischen und 14 km von der türkischen Grenze entfernt. Morgen werde ich in die Türkei reisen. Griechenland bleibt außen vor. Es wäre nur ein Umweg und Kilometer muss ich schon genug fahren. Jetzt wird es wirklich langsam krass wie weit ich schon bin. Mal schauen was die nächsten Tage so bringen. Ich hoffe endlich warmes Wetter und Sonnenschein. Ich bin gespannt auf die Türkei.


Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Helmut Heckel (Freitag, 08 Oktober 2021 07:37)

    Du bist schon der Wahnsinn, und erst deine Beine. Da komme ich mit dem Hut ziehen gar nicht nach.

  • #2

    Satzi (Freitag, 08 Oktober 2021 09:08)

    Jou Stivi!
    Dein Ziel rückt immer näher :) :) :)
    Und wegen dem Reichtum...wenn ich das so lese, da denk ich mir wieder mal,
    ob nicht weniger öfter mehr ist/sein sollte......

  • #3

    Stivi (Freitag, 08 Oktober 2021 22:40)

    Ne gute Frage, was eigentlich Reichtum ist, oder welche Dinge elementar und welche Luxus sind, muss glaub ich jeder individuell beantworten.