
Der Tag hat unspektakulär begonnen und er wurde am Ende zu einem Fest für jeden Fahrradreisenden.
Um 7:30 Uhr schellte der Wecker, weil ich erst um 8 Uhr in meinem Hotel in Vidin frühstücken konnte. Nichts besonderes aber endlich mal ein warmer Tee am Morgen ist schon etwas ganz anderes. Da startet der Tag gleich besser. Ich hab heute gemerkt, dass ich noch gut ausgeruht war, und hab mich frohen Mutes, mit dem Wissen die ersten Hügel klettern zu müssen, auf den Weg gemacht. Am Anfang ging es 30 km nur mit LkW und Autos auf der Bundesstraße neben der Donau her. Vor lauter Gestrüpp, hab ich nicht viel gesehen und hier gibt es leider keinen Seitenstreifen. In Rumänien gab es wenigstens noch 30 cm, hier muss ich immer in der Fahrbahn oder auf der weissen Linie fahren. Das kostet natürlich ganz schön Konzentration. Nicht dass einen so ein 40 Tonner einfach mal mitnimmt, wenn er nur 50cm an einem vorbeirauscht.
Ich muss sagen die LKWs und Autos passen aber gut auf mich auf. Ich glaub die sind das gewohnt, dass hier Leute auf den Fahrbahnen mit rumturnen. Außerdem freuen die sich voll wenn sie mich sehen. Hupen mir zu zeigen Daumen nach oben etc. Insgesamt ist der Verkehr auch meist langsamer als in Deutschland. Nach den ersten 30 km, hab ich dann endlich eine schöne Landstraße erwischt. Es ging über eine Ebene mit Feldern soweit das Auge reicht. Wirklich krass, wie groß die Felder sind. Da schauen so riesen Bulldogs echt mikrig aus. Es ist ein bisschen so, wie in Ostdeutschland. Dort hab ich auch schon mal solch riesige Flächen gesehen.
Irgendwann dachte ich mir dann beim radeln, es wäre ja lustig wenn jetzt auf so nem riesen Feld mal so ein Pferdefuhrwerk stehen würde. Der Kontrast wäre der Hammer.
Und schwupps tatsächlich, 5 min später ein Pferdefuhrwerk mitten auf so einem riesen Feld. Die Leute haben nach Maiskolben gesucht, die der Mähdrescher vergessen hat.
Man sieht auch deutlich, dass die Investitionen zuerst in die Städte fließen, bevor es aufs Land raus geht. Wenn man so durch die Dörfer fährt, denkt man sich schon manchmal, wo bin ich hier denn gelandet.
Dann kommt man aber ein bisschen weiter, in ein bisschen größere Dörfer, dann gibt's Spielplätze und Gehsteige und vor allem fast überall neue Straßen, zumindest die Hauptstraße. Also es geht schon langsam voran und ich muss sagen Bulgarien ist aus meiner Sicht etwas weiter entwickelt als Rumänien. Aber das ist vielleicht auch nur meinen Eindrücken geschuldet.
Nach meiner Landpartie ging es leider wieder auf eine Bundesstraße in Richtung Montana. Das war eigentkich ganz gut. Ich hab die ersten Höhenmeter gemacht und bin so in meinem Trott gewesen. Auf mein Navi hab ich gar nicht mehr geschaut, gibt ja eh nur eine Straße und schwupps bin ich an meiner Abzweigungen vorbeigefahren. Aber ich glaub immer noch, dass es nur ein Feldweg war, ich hab nichts gesehen, kein Schild oder sowas. Als ich es gemerkt hab, wollte ich nicht 5 km zurückfahren und hab mit Google den schnellsten Weg nach Wraza gesucht. Wie dass dann immer so ist. 10 min später bin ich mit meinem Radel auf die Autobahn abgebogen. Für uns Deutsche, das absolute No go. Hier ganz normal. Sogar die Polizei hat mich überholt und nicht angehalten. Also muss es erlaubt sein. 40km Autobahn 2 Fahrspuren und die Autobahn ging Richtung Sofia. Sozusagen der 6er im Lotto den ich da, durch meinen Fehler gezogen hab. Ganz schön viel los, aber ich hab's überlebt :).
Was mir schon in Rumänien aufgefallen ist aber hier noch mehr. Immer irgendwo im nirgendwo, wenn es so Haltebuchten gibt, stehen Prostituierte. Kein Auto, kein Wohnwagen, Nichts, wirklich Nichts. Nur Hecken und Büsche. Die warten wohl auf Kundschaft. Und ich hab heute gleich einen Trucker erwischt, als er aus dem Busch kam und die Prostituierte hinterher. Der Trucker kam aus dem Iran, gleichzeitig das weitest entfernteste Kennzeichen, was ich bis jetzt gesehen hab.
Als ich dann Wraza erreicht hab, hat sich die Landschaft ganz schön verändert. Ich bin in den Bergen angekommen. Wraza liegt direkt unterhalb eines mächtigen Bergs. Denk mal so 1200m hoch oder so. Die Landschaft ist auch wieder grüner geworden. Wraza hat eine echt schöne Innenstadt. Aussen begrüßen einen immer die ganzen alten und kaputten Bauten, aber Innen war es echt schön. Eine schöne Fußgängerzone und schöne Plätze. Darum hab ich hier Pause gemacht und weiter überlegt, wie ich das Übernachtungsthema löse. 130km hatte ich schon in den Beinen. Ich könnte mir hier ein Hotel nehmen und gemütlich bisschen Abend, was Essen gehen. Anderseits weis ich, dass noch einige Berge auf dem Programm stehen und ich heute einen kleinen Anstieg schon mal hinter mich bringen könnte.
Nach einer Verschnaufpause, hab ich entschieden ich kauf mir jetzt 2 Pizzas, spann sie auf mein Rad und mach nochmal 20km und bring den ersten Anstieg heute noch zu Ende.
Es ging direkt nach der Stadt in die Berge. Total schön. Über Serpentinen durfte ich mich hochstrampeln. Durch kleine Bergdörfer, wo die Leute zusammen gesessen sind und mir zugewunken haben, wirklich eine Traum Kulisse und nach dem Aufstieg kam natürlich auch eine Hammer geile Abfahrt. Schön in Serpentinen über eine leere Straße wieder ins Tal. Wahnsinn das hat echt Bock gemacht. Die Sonne kam dann immer wieder zwischen den Bergen hervor. Wirklich ein Traum.
Letztendlich hab ich nach 151km die Reißleine gezogen. Ich hab ne kleine Wiese neben einer kaum befahrenen Straße gefunden und dort mein Zelt aufgestellt und danach bei schönen Sonnenuntergang zwischen den Bergen genüsslich meine Pizzen verschlungen. Was für ein Panorama! In den Alpen könnte es nicht besser sein.
2 Pizzen sind zur Zeit kein Problem für mich.
So kann's morgen hoffentlich mit vollem Tatendrang auf den höchsten Punkt dieser Tour auf 1250m gehen. Ich hoffe, ich frier mir heute Nacht, nicht den Arsch ab. Heute ziehe ich alle meine Klamotten an damit ich es diesmal besser aushalte.
Hier noch die Route zu heute:
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Mari (Dienstag, 05 Oktober 2021 22:39)
Absolut geil!!