
Vom Winde verweht! So lautet mein Motto heute. Nachdem ich mir in der Nacht den Arsch in der rumänischen Wildnis abgefroren habe, ging es schon früh los. Zum Glück keine nächtlichen Besucher gehabt.
Ganze 4 °C hat mein Thermometer angezeigt. Wenigstens kam langsam die Sonne raus und mir wurde langsam wieder warm.
An dieser Stelle dachte ich mir noch. Heute kommt ein cooler Abschnitt, das schaukelst du locker runter. Als ich durch die ersten Dörfer kam, dachte ich mir schon. Oh hier sieht's aber nicht so
toll aus. Serbien war da schöner. Nur die Straße die war neu. Alles andere lag gefühlt die letzten 40 Jahre brach. Was aber auffiel, Rumänen legen extremen Wert auf tolle Autos. Da steht nicht
selten ein neuer Mercedes vor einem Haus, an dem alles von der Fassade bröckelt.
Wie ich so langsam ins Rollen gekommen bin, hab ich auf einer Wiese vielleicht 5 km von mir weg, ein niederländisches Paar getroffen, die mich direkt auf nen Kaffee eingeladen haben, weil sie
gerade dabei waren einen zu kochen.
Ich hab dankend abgelehnt, weil ich ja keinen Kaffee mag. Aber wir haben uns noch über die typischen Fahrrad Sachen ausgetauscht. Sie fahren nach Bulgarien und sind in Holland gestartet. Echt
krass. Nur alles gemächlicher, als bei mir. Schön Mal wieder jemanden zu treffen, der ähnliches vorhat. Seid Budapest war, da ja nichts mehr los.
Als ich dann zur Donau kam, nahm der Tag die entscheidende Wendung. Ich hatte Gegenwind. Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern so richtig. Gott ich hätte ab diesem Zeitpunkt schon kotzen
können. Die Straße top, die Aussicht top, die Sonne scheint und jetzt kann ich mir den Arsch abstrampeln, dass ich ans Ziel komm.
Aber was will man machen. Es gibt keine Route durch die Berge und diesen wunderbaren Donau-Abschnitt kann ich nicht links liegen lassen.
Der Wind hat mich einige Male von der Straße geblasen, mit den Taschen hab ich aber auch gute Angriffsfläche.
So gings jetzt, im Schneckentempo und mit voller Kraftanstrengung voran. Die Kilometer vielen so zäh. Bei 50km war ich eigentlich schon an meinen Tiefpunkt angekommen, hab mir in ner Tankstelle 4
Snickers und 1 Liter Fanta reingezogen, aber das hat auch nicht viel geholfen.
Erst als ich die Festung Golubac entdeckt hab wurde es ein bisschen besser. Die Festung ist einer meiner Zielpunkte auf der Tour gewesen. Total verrückt, wenn man überlegt, wie weit ich schon
gekommen bin. Nur darf man nicht drüber Nachdenken, wie weit ich noch muss! Sonst versaut man sich die Laune, vor allem bei dem Wind.
Was ich am meisten hasse am Radfahren ist:
1. Gegenwind (das allerschlimmste)
2. Regen
3. Berge
Der ultimative Endgegner ist dann eine Kombination aus allen drei gleichzeitig.
So gings dann weiter an der Donau entlang. Die Strecke ist wirklich ein Traum immer zwischen Fels und Donau auf einer guten Straße, wo kaum Verkehr war.
Ich hab mich immer gefreut, wenn ich ein Stück hinter einem Felsen fahren durfte, bevor es wieder um die Kurve ging und mir eine Brise um die Ohren wehte. Manchmal bin ich anstatt mit 20 kmh mit
10 kmh vor mich hin getuckert. Wenn man das so sieht, denkt man sich, dass man niemals vor der Dunkelheit ankommt. Aber was will man tun. Außer strampeln und mehr Pausen machen, weil einem sowas
von kein Kilometer geschenkt wird und man auch nie Rollpausen zum erholen hat.
Bei Kilometer 100 hab ich entschieden, mir eine Unterkunft zu buchen und mir einen Tag Pause zu gönnen. Ich hab gemerkt, wie mir der heutige und der gestrige Tag mental und physisch zugesetzt
haben. Und weil das hier ein Marathon ist, denke ich, muss ich nochmal Kräfte sammeln.
Mein Kopf muss stark bleiben, dass ist das wichtigste.
Wie schon gesagt, zu sehen gab's heute echt viel. Diese Landschaft ist absolut spektakulär! Die Bilder sprechen denke ich für sich. Jeden würde ich eine Fahrt auf der Donau durch diesen Teil
empfehlen!
Auf den letzten 50km hat auch der Wind nachgelassen, da ich immer wieder Landeinwärts musste, weil es keine Straße um manche Felsen gab. Das bedeutet, aber leider auch, den Berg hoch strampeln.
Irgendwie hatte ich das in meiner Karte nicht so auf dem Schirm, dass es doch so arg ist, so dass ich am Ende locker 600 Höhenmeter machen musste auf den letzten 30 km. Nicht mal mehr die Tafel
Schokolade, hat nochmal ein richtiges Feuer anzünden können, und ich bin im Schneckentempo, diesmal wegen den Hügeln am Ende mit letzter Kraft in Orsova angekommen. Hier hab ich mir gleich Mal 2
Pizzen gegönnt! Nach 3 Tagen, endlich Mal wieder etwas warmes! Jetzt wird noch gewaschen und dann ausgeschlafen, damit ich Montag morgen mit neuer Energie in Richtung Bulgarien aufbrechen kann.
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Marc (Samstag, 02 Oktober 2021 23:56)
Steve, hammer. Nun hast du's schon so weit in so kurzer Zeit geschafft.
Gönn dir den Tag Pause, schnaufe durch, mach den Kopf klar und eine kraftvollen Start in die neue Woche dir dann am Montag!
Mögen dann die Winde mit dir sein! ;-)
Stivi (Sonntag, 03 Oktober 2021 08:21)
Vielen Dank, für den Zuspruch. Ich muss mich eindeutig erholen. Damit der Kopf klar wird.
StefanS (Sonntag, 03 Oktober 2021 13:36)
Hi Stefan,
tolle Fotos und beeindruckende Erzählungen. Besonders beim Regen und Gegenwind musste ich mitleiden.
Gönn dir mal ein schönes Steak, damit du wieder zu Kräften kommst.
Allzeit gute Fahrt ��♂️